Störe meine Kreise nicht

Wenn du trunken dir am Morgen
im Spiegel gegenüber stehst
und deine Blicke schon die ersten
Totenflecken an dir ahnen
und deine Finger auf der Brust
nach neuen Schmerzen tasten,
nach den Schmerzen, die du gestern
an dir noch nicht fandest.

Und wenn du dann am Küchentisch
die fünfte Zigarette rauchst
und während du noch ganz benommen
der Stimme in der Ferne lauscht.
Bedrohlich dröhnt das Radio:
Die Inzidenzen steigen.
Dein Blick schweift dann zum Fenster raus,
die schwarzen Vögel schweigen.

Dann weißt du es, nun wird es ernst,
du aber sagst: Doch nicht für mich.
Doch du weißt: Nun ist es ernst –
doch störe meine Kreise nicht –
störe meine Kreise nicht
.

In deiner Zeitung kommst du nicht
über die Überschrift hinaus
und du grüßt selbst nur noch fremd
die Nachbarin im Treppenhaus.
Und deine Tür schließt du dann leise
hinter dir gleich zweimal zu.
Und am Abend spielst ganz dann
mit dir selbst noch Blinde Kuh.

Dann weißt du es, nun wird es ernst,
du aber sagst: Doch nicht für mich.
Doch du weißt: Nun ist es ernst –
doch störe meine Kreise nicht –
störe meine Kreise nicht.